Konzert
EMINEM
Gut prollig
Der Rapper Eminem im LKA
„I Don´t Give A Fuck", lautet Eminems Credo, und daran ließ das Enfant terrible des amerikanischen Hip-Hop beim Auftritt im Longhorn keine Zweifel aufkommen. Mit Stinkefinger, runtergelassenen Hosen zur Textzeile „Kiss My ass", Mitschnitten von Telefonsex-sessions und einem Minimum von drei F-Wörtern pro Satz wird klar, warum in Amerika Eltern und Politiker den weißen Rapper zum Staatsfeind erklärt haben.
Dabei seien die schnell mit teils nörgelnder Stimme vorgebrachten Lyrics über Vergewaltigung, Autofahren im Suff, Gewalt und Drogen - eben die „real world" - , vor allem ironisch zu sehen, betont Eminem, was durch das Pseudonym Slim Shady verdeutlicht werde. Er wolle seiner Umwelt den berühmten Spiegel vorhalten, mal lustig, mal fies, mal prollig und am liebsten eben ironisch.
Dass dahinter auch ein bisschen Leben von Marshall Mathers alias Eminem alias Slim Shady steckt, ist klar. Natürlich habe eisernen Vater nie kennen gelernt, in seiner Jugend in Detroit viele Drogen probiert, doch Eminem bleibt beim Motto: „I Don´t Give A Fuck" - alles scheißegal eben, besonders wenn das Cash stimmt. Solange tut der Bad Boy Amerikas alles, um zu provozieren. Mit Erfolg, „The Slim Shady LP" verkaufte sich sozusagen über Nacht mehr als zwei Millionen Mal. Grund genug für Slim-Shady-Produzent und Hip-Hop-Urvater Dr. Dre, auf seinem lang erwarteten Millenniumalbum dem Skandalrapper Eminem Platz einzuräumen.
Der Abend im LKA war wie erwartet: Hip-Hop vom Feinsten. Klasse Licht, glasklarer Sound und coole Bühnenshow. Das Publikum in Baggy-Hosen und verdrehten Baseballkappen tanzte sogar auf den Tischen. Dank der Vorarbeit des Kolchosenachwuchses und den Hip-Hoppern von The High And Mighty fiel dann fast niemand auf, dass Eminem nur eine dreiviertel Stunde rappte. Getreu dem Slogan „I Don´t Give A Fuck". Jör
stuttgarter zeitung 05.11.1999