Konzert
Johnny Clegg & Juluka
Suche nach dem afrikanischen Herzen
Johnny Clegg & Juluka im LKA
Wer nach dem Ende der Apartheid in Südafrika gehofft hatte, daß die Musikkonzerne nun endlich auf das Heer talentierter Musiker vom Kap aufmerksam würden, sieht sich mittlerweile bitter enttäuscht.
Noch immer ist Johnny Clegg, der „weiße Zulu", wie er auch in seiner Heimat genannt wird, praktisch der einzige südafrikanische Popmusiker, dessen Songs weltweit Erfolge feiern können. Mit 14 bereits lernte der in England geborene und später ausgesiedelte Clegg von einem Zulu, die Gitarre zu meistern. Drei Jahre späterfordert ihn der schwarze Musiker und Arbeiter Sipho Mchunu zu einem Gitarrenduell heraus - was in einer tiefen Freundschaft, verbotenen Konzerten als schwarz-weißes Duo und schließlich in dem Bandprojekt Juluka endete. Mehrere Alben wurden in ihrem Heimatland vergoldet, bis es Mchunu schließlich 1985 zurück in seine Heimat Kwazulu zog. Zwölf Jahre später stehen die beiden wieder genieinsam auf der kleinen Bühne des Stuttgarter LKA, zusammen mit neun weiteren Musikern.Eine Rückbesinnung auf die Zulu-Musik sollte die jüngste CD „Crocodile Love" werden, aber die Versuchung moderner Studiotechnik übermannte diesmal auch Clegg: fast belanglos plätschert das Album vor sich hin, der Sound glatt, und die Wärme der afrikanischen Stimmen bleibt in den CD-Rillen stecken. Kein Vergleich zu den beiden vorangehen den Meisterwerken „Cruel, crazy, beautifulworld" und „Heat, dust and dreanis", dieClegg mit der Band Savuka aufnahm. Aber Cleggr Welt ist ohnehin die Bühne, wie er im LKA mühelos unter Beweis stellt. Hier kann er Entertainer. Sänger, Gitarrist und Tänzer sein; hier kann er voller Stolz eine Band präsentieren, in der Schwarz und Weiß tatsächlich vereint sind.
Harmonisch wie kaum ein Rhythmusduo sonst, treiben Solly Letwaba (Baß) und Rob Watson (Drums) die Musik voran, teilen sich Sipho Mchunu und Andrew Innes die Gitarrenparts. Und auch seine eigene Stimme setzt Clegg immer wieder nur als Kontrast zu den vier Chorsängerinnen und -sängern ein, die, besonders bei den Balladen „Osiyeza" und „Asimbonanga", für kollektive Gänsehaut inder zur Hälfte gefüllten Halle sorgen. Clegg läßt die Band zwei Stunden lang ihren eigenen Rhythmus finden, läßt sie mit den Melodien spielen. Die Songs klingen versöhnlicher als bei Savuka. weniger scharf. Sie suchen den Kern der afrikanischen Musik, den „Geist des großen Herzens" („Spirit of The great heart"), der den Zulu-Krieger genauso einnimmt wie den weißen Mittelständler. Oft schon wurde Clegg vorgeworfen, er verkaufe die Zulu-Musik an den weißen Popmarkt - tatsächlich aber ist der 45jährige,wie in Stuttgart zu merken, wohl noch immer einer der Hoffnungsträger für ein neues Südafrika, Holger Paul
Stuttgarter zeitung 16.10.1997