Konzertarchiv
CASSANDRA STEEN
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70173 Stuttgart
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Cassandra Steen
Darum Leben Wir
Auf ihrem neuen Solo-Album “Darum leben wir” präsentiert sich Cassandra Steen als eine, in Anbetracht des feierlich expressiven Titels, eher nachdenkliche und melancholische Künstlerin. Doch statt in den Moll-Tönen der Seele zu schwelgen, wählt die Stuttgarterin einen produktiveren Weg. Bereits unsere Vorfahren wussten von der Bandbreite dieses Gefühls und unterschieden zwischen zwei verschiedenen Arten von Melancholie: Während die eine passiv trübsinnig und tatenlos verzweifelt, steht die andere für die ungebrochene Hoffnung auf bessere Zeiten, für das aktive Suchen und Streben nach einer liebenswerten Welt. Für viele bedeutet diese aktive Melancholie nicht weniger als die einzige authentische Form des Glücks, die ein geistvolles Leben bieten kann. Für all diese Menschen liefert “Darum leben wir” den Soundtrack. Entsprechend euphorisch spricht Cassandra über ihr neues Album.
“Wenn ich die aktuellen Lieder höre, beflügelt mich das immer wieder aufs Neue. Das Album wächst und wächst und wächst - es ist so schön geworden, dass ich mich manchmal schon fast ängstlich frage, was daraus wird. Wie wird das von den Menschen aufgenommen? Wird das anerkannt, wird es akzeptiert? Es geht eigentlich gerade nur vorwärts, ich guck nicht mehr zurück oder vergleiche das mit den Sachen, die ich zuvor gemacht habe. Obwohl ich die Songs schon hundertmal gehört habe, bietet mir das Album ständig etwas neues, etwas besonderes - das fängt mich jedes mal ein.”
Sagt es mit leiser Stimme und setzt wieder dieses Lächeln auf, das einer Sphinx zur Ehre gereichen würde. Kein Zweifel, Cassandra Steen fühlt sich eins, mit sich, der Welt und ihrem neuen Album. Das Bemerkenswerte daran erklärt sich erst vollständig, wenn man die Sängerin etwas besser kennen lernt. Erstmals Ende der Neunziger als Feature-Gast bei Freundeskreis in Erscheinung getreten, begann ihr großer Erfolg mit Glashaus, dem gemeinsamen Projekt mit Moses Pelham und Martin Haas (die beide Frankfurter hatten bereits zuvor beim Rödelheim Hartreim Projekt erfolgreich zusammenarbeitet). Die visionäre Idee, Pelhams deutlich christlich geprägte Texte von einer Engelsstimme veredeln zu lassen, führte schließlich mit dem neuen Jahrtausend zu einer Zusammenarbeit, die in Deutschland noch immer ihresgleichen sucht. Ihren Einfluss bei Glashaus beschreibt Cassandra in aller Bescheidenheit mit unangemessen knappen Worten: “Meine Stimme, sonst nichts.”
Umso erstaunlicher, dass “Darum leben wir” nicht wie ein Befreiungsschlag klingt. Hier gibt es keine Experimente, kein Zwang zum Anderssein, keine Selbstverwirklichung um jeden Preis. Während prototypische Solo-Alben gern eine möglichst breite stilistische Palette auffahren, um damit nahezu verzweifelt eine Vielseitigkeit zu demonstrieren, die am Ende in Beliebigkeit resultiert, setzt Cassandra Steen auch solo auf bekannte Stärken und ein harmonisches Gesamtbild. Verborgenen Talente und die Lust, mal etwas anderes zu machen, lebt sie lieber als Duett-Partnerin an der Seite von harten Jungs wie Bushido und Azad aus. “Ich habe genug Features, um mich auszutoben. Auf meinem Album geht es mir tatsächlich um eine Konstante, so dass man sich als Hörer auch mal zurücklehnen kann und nicht in jedem Augenblick auf die Texte hören muss - damit man sich gehen lassen kann und dabei einfach wohl fühlt.” Das Resultat ist Mood-Music im besten Sinne des Begriffs: Musik fürs Gemüt.
Von den üblichen Verdächtigen durfte nur Cassandras alter Kollaborateur Xavier Naidoo mit auf das neue Album. Es wäre auch schade gewesen, wenn nicht. Denn neben dem vorab als erste Single veröffentlichten Titelsong “Darum leben wir” gehört ihr gemeinsamer Song “Lass mich nicht hier” zu den emotionalen Höhepunkten des Albums. Einen klitzekleinen Ausreisser hingegen gestattet sich Cassandra mit “Stadt”. Getragen von einem seltsamen marschierenden Rhythmus und ein an futuristischen Cyborg-Soul erinnernden Sound, macht sie sich aber im Duett mit Adel Tawil (Ich + Ich), auch diesen Song zu eigen. Das ist die wahre Grösse einer Interpretin, die Homogenität allein mit der Kraft ihrer Stimme und Paraphrasierung erzeugt.
“Darum leben wir” beweist, dass hiesiger Soul mindestens ebenso innovativ, frisch und ungewöhnlich klingen kann wie amerikanischer. Als Bonus veredelt Cassandra Steen ihre Musik mit deutschem Tiefgang und viel Poesie. Denn auch wer sich zurücklehnt und die Seele baumeln lässt, möchte vielleicht mal über sich und die Welt nachzudenken. So sind wir nun mal, etwas grüblerisch - und Cassandra liefert uns dafür nicht nur die richtige Musik sondern auch die entsprechenden Lieder.
Produziert wurde das Album vom Marek Pompetzki & Paul NZA, Andreas „Boogieman“ Herbig und Michael Herberger.