Konzertarchiv
Dispatch
"Circles Around The Sun"
Chad Stokes (Vocals, Gitarre, Bass)
Brad Corrigan (Vocals, Drums, Gitarre)
Pete Francis (Vocals, Gitarre, Bass)
“Wir werden gerne als die größte Band bezeichnet, von der noch nie jemand gehört hat“, meint Brad Corrigan, einer der drei Dispatch Sänger und Multiinstrumentalisten. „Entweder die Leute wissen alles über uns oder gar nichts. Dazwischen scheint es nichts zu geben.“
Es ist eine außergewöhnliche Geschichte, wie sich Corrigan, Chad Stokes und Pete Francis auf dem College trafen, eine Band gründeten und ohne Airplay im Radio, Unterstützung von einem Majorlabel oder landesweiter Presse zu einem der größten Publikumsmagneten der Live-Musik Szene und zu einer der erfolgreichsten independent Rockbands der amerikanischen Geschichte wurden. Obwohl Dispatch seit 2000 kein Studioalbum veröffentlicht und sich sogar 2004 offiziell aufgelöst hatten, schaffte es ihre Musik, weiterhin die Herzen und Köpfe neuer Generationen von Rockfans durch reine Mund zu Mund Propaganda für sich zu gewinnen. In dem Jahr pilgerten 110.000 Fans aus Nord- und Südamerika, Europa und Australien nach Boston zum Abschiedskonzert der Band. 2007 dann kamen sie anlässlich eines geplanten Charity-Konzertes für Simbabwe wieder zusammen. Aus der einen wurden gleich drei ausverkaufte Shows im New Yorker Madison Square Garden. Ein rein akustisches Konzert, das sie 2009 auf Bitten von Simbabwes Premierminister Morgan Tsvangirai im Kennedy Center in Washington, D.C., gaben, war binnen zwei Minuten ausverkauft.
Nachdem Dispatch ihre Freundschaft wieder gekittet und die Probleme, die zur Trennung führten, gelöst hatten, kamen sie im letzten Juni für eine ausverkaufte US Tour wieder zusammen. Sie veröffentlichten auch eine EP mit sechs Stücken und versprachen, erneut gemeinsam zu touren und ins Studio zu gehen, um nicht nur die Magie zu honorieren, die jedes mal entsteht, wenn die Drei zum Musizieren zusammen kommen, sondern auch das mächtige Band, das sie mit ihren Fans im Laufe der letzten Dekade geschmiedet haben.
Im März 2012 machten sich Dispatch auf, das aller erste Mal in Europa u.a. Konzerte in London, Paris, Berlin und Zürich zu spielen, bevor sie nun im Juni auf dem Bonnaroo Festival auftreten werden und im August Circles Around The Sun, ihr erstes Studioalbum seit zwölf Jahren, veröffentlichen. Das Album wurde von Peter Katis (Interpol, Jonsi, The National) produziert und ist ein vielseitiges, vollkommen amerikanisches Rock Album, welches das mutige Storytelling, das fesselnde Songwriting und die strahlenden Harmonien liefert, für welche die Band so geliebt wird. Den Anfang macht ein erdiges „Circles Around The Sun“, gefolgt vom prahlerischen „Not Messin“, dem polternden „Get Ready Boy“ und dem bluesigen „Josaphine“, und den Abschluss bilden die beiden langsamen Stücke “We Hold A Gun” und “Feels So Good.”
„Wir bringen alle unterschiedliche Einflüsse mit, ob nun Led Zeppelin, Traffic, Radiohead oder Cat Stevens, wir schmeißen einfach alles zusammen“, erklärt Stokes. „Die Harmonien sind definitiv der Schwerpunkt. Ich persönlich erzähle gerne Geschichten in meinen Liedern. Wir drei schätzen alle bedeutungsvolle Texte, ob sie nun direkter sind, wie in Brad’s Liedern oder poetischer wie in Pete’s Songs.“
Stokes, Corrigan und Francis, die alle drei Leadvocals singen und die Instrumente auf der Bühne tauschen, trafen sich in den frühen 90er im Middlebury College in Vermont. „Wir waren alle Athleten, aber es waren unsere Stimmen, die uns richtig verbanden“, erzählt Francis. Es hat unleugbar richtig Klick gemacht, als wir gemeinsam sangen.“ Nachdem sie in verschiedenen Duos gespielt hatten, schlossen sich die drei zu Dispatch zusammen und gaben Konzerte in Middlebury und benachbarten Colleges in Neu England. 1996 veröffentlichten sie ihr Debütalbum, ein akustisches Folkpop Etwas namens Silent Steeples, auf ihrem eigenen Label Bomber Records. 1998 folgte das von Reggae angehauchte Bang Bang. „Mit Bang Bang begann es, dass wir mitbekamen, wie Leute unsere Musik an Freunde und Familie weiter gaben,“ erinnert sich Corrigan. „Wir fanden es cool, dass sich allmählich so etwas wie eine Familie von Fans entwickelte.“
Das dritte Dispatch Album Four-Day Trials erschien in etwa zeitgleich mit dem Launch des damals noch illegalen File-sharing Dienstes Napster, was die jungen, technisch versierten Dispatch Fans dazu nutzen, die Songs der Band wie „The General“ und „Bang Bang“ als MP3s freizügig mit anderen zu teilen, was Dispatch eine größere Hörerschaft brachte. „Wir spielten an einem College in Pomona, Kalifornien – ein Staat, in dem wir noch nie zuvor waren, und es tauchten tausend Leute auf, die bei jedem Stück mitsangen“, erzählt Francis.
Als Dispatch sich zu einer profitablen Tourband gemausert hatten, fingen natürlich die großen Musikkonzerne an, sich für sie zu interessieren. „Nicht ein einziges Mal während eines Labelmeetings sagte einer, ‚Wir lieben eure Musik und wir wollen euch, bei dem was ihr tut, unterstützen,’“ meint Corrigan. „Es war immer ‚Wir werden euch zur nächsten Dave Matthew Band machen’. Es war das genaue Gegenteil von dem, was wir hören wollten. Wir wussten, es würde unsere Kreativität töten. Wir haben nicht das Verlangen etwas anderes zu sein als die ersten Dispatch.“
Und dennoch kehrten die Dispatch Mitglieder auf dem Höhepunkt ihrer Popularität all dem den Rücken zu. „Wir waren einfach fürchterlich ausgebrannt“, sagt Corrigan. „Wir hatten keine echten Freundschaften außer denen zueinander und wir wollten ein Leben außerhalb der Band haben und wieder ein Teil unserer Community werden.“ „Ehrlich gesagt, fühlte es sich verlogen an, für unser Publikum zu spielen, während die Beziehung innerhalb der Band dabei war, langsam auseinander zu brechen“, ergänzt Stokes. „Es fühlte sich einfach nicht richtig an.“
Die Bandmitglieder verfolgten ihre individuellen Projekte. Der in Denver ansässige Corrigan gründete die Band Braddigan, Francis trat als Singer/Songwriter auf und Stokes aus Boston nahm mit seiner Band State Radio Alben auf und ging auf Tour. 2004 beschlossen die Drei, dass sie es ihren Fans schuldeten, das Kapitel Dispatch ordentlich abzuschliessen, und organisierten ein Abschiedskonzert in Boston. Sie rechneten mit etwa 20.000 Besuchern, es kamen 110.000 Fans. Es war die größte Show der independent Musikevent-Geschichte, dokumentiert in dem Film The Last Dispatch. Es gab sogar ein Wettbewerb, bei dem der Fan, der am weitesten angereisen würde, ein Backstage Pass ergattern konnte. Darauf hin trafen Eückmeldungen aus Portugal, Peru und die Vereinigten Emiraten ein.
2007 kamen Dispatch erneut zusammen, um Gelder für humanitäre Organisationen in Simbabwe zu sammeln. Das Land war gebeutelt von Problemen, die Francis, Corrigan und insbesondere Stokes, der nach der Highschool sechs Monate in Simbabwe gelebt hatte, stark berührten. Als die Tickets zur ersten Show im Madison Square Garden bereits nach wenigen Minuten des Fan-Vorverkaufs weg waren, hängte Dispatch zwei weitere Konzerte an und wurden die erste Independent Band, welche die berühmte Venue ausverkauften. Der Three-Night-Stand nahm zwei Millionen ein und brachte mehrere hundert tausend Dollar für wohltätige Zwecke in Simbabwe ein.
Soziale Verantwortung war schon immer ein wichtiger Bestandteil der Dispatch Kultur. Während der US Tour im Juni 2011 stellte die Band ihre Amplifying Education Kampagne vor, welche sich auf Bildungsproblematiken in den USA konzentrierte. Es ging nicht nur ein Dollar pro verkauftes Ticket an Bildungsmaßnahmen, sondern das Publikum wurde auch dazu ermuntert, sich ehrenamtlich zu engagieren, was viele daraufhin auch taten. „Ich bin immer wieder darüber erstaunt, dass Menschen zu den ehrenamtlichen Veranstaltungen kommen, da alle viel zu tun haben und eine Menge in ihrem Leben los ist“, sagt Stokes. „Aber unsere Fans sind so leidenschaftlich, was die Band angeht, dass sie scheinbar dadurch einfach mehr machen wollen, als nur zur Show zu kommen.“
Da Dispatch diese eifrigen Seelen nicht hängen lassen wollten, beschlossen sie, neue Musik aufzunehmen, was zur Dispatch EP und nun zu Circles Around The Sun führte. „Wir schreiben alle drei und daher wussten wir, dass es Material gab“, erzählt Stokes. „Wenn wir auf Tourneen gehen sollten, wollten wir auch neue Musik spielen.“
Den Fans etwas zurück zu geben, die ihnen so viel gegeben hatten, war eine weitere Motivation. „Es ist ein Traum, zu wissen, dass deine Musik ein Teil der Erfahrungen von Menschen und mit speziellen Momenten in ihren Leben verknüpft ist“, meint Corrigan. „Das ist es, was das Ganze so lohnenswert macht. Außerdem macht alles wieder Spaß. Wir sind völlig begeistert davon, gute Freunde zu sein und die Welt zu bereisen und Orte zu sehen, an denen wir noch nie waren. Ich meine, mal ehrlich. Es kann einfach nicht besser werden.“