Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2001, und es wird so langsam Zeit, die Bandgeschichte etwas zu vervollständigen... Ich glaube, die allerwenigsten Bands können sich wohl an ihr genaues Gründungsdatum erinnern, zu verworren sind oft die Anfänge und die Wege von der Idee über das erste Ausprobieren bis hin (so Gott will) zum ersten Konzert sind oft zu steinig und kurvenreich. Ich schätze mal, die allermeisten Projekte kommen ohnehin als Früh- oder Zangengeburt zur Welt und erreichen so nicht einmal ihren ersten Geburtstag.
DIE VORGESCHICHTE... Dieses war bei uns auch nicht anders, und so hat dann also auch IN EXTREMO eine lange und verworrene Vorgeschichte aufzuweisen: Die Ideen - auf der einen Seite selbst mittelalterliche Musik zu spielen und diese andererseits irgendwann einmal mit Rockmusik zu verbinden - traten eigentlich fast zeitgleich auf den Plan. Thomas´ und Michaels damalige Rockband NOAH gab irgendwann im Jahre 1994 ein Konzert im ehemaligen Berliner "Franzklub", zu der sie als Gäste für eine gemeinsame Session einige Musiker von CORVUS CORAX einluden. Michael war wie immer auf der Suche nach neuen Ideen und Mitstreitern, zudem hatten Reiner und ich ein halbes Jahr zuvor die Band verlassen, um uns bei TAUSEND TONNEN OBST in ungeraden Takten, double bass und höheren Phonzahlen zu üben.
Die Kombination zwischen NOAH und CORVUS CORAX könnte man im Nachhinein als Erfolg bezeichnen, jedoch stand sie auf äußerst wackligen Beinen, war zudem von vornherein nur als Session geplant und wurde somit nicht wiederholt. Die Idee selbst wurde jedoch für gut befunden und das, wie man heute anhand von TANZWUT und IN EXTREMO hören kann, wohl auch von beiden Seiten. Somit ist hoffentlich ein für allemal geklärt, wer denn nun zuerst da war: das Huhn oder das Ei!? Kurze Zeit später gründeten Teufel und Michael, der sich inzwischen (auf Grund eines beliebten T-Shirt-Motivs mit dem Abbild von Klaus Kinski) das Pseudonym "Das letzte Einhorn" zulegte, ein Duo namens PULLARIUS FORZILLO und zogen ebenso wie CORVUS CORAX gemeinsam über die Mittelaltermärkte. Da Reiner und ich weiterhin einen guten Kontakt zum Einhorn pflegten und ihn die Idee einer Verbindung zwischen mittelalterlicher Musik und Rock nachts nicht schlafen ließ, trafen wir uns irgendwann im Jahre 1995 in unserem Lichtenberger OBST-Proberaum und ließen das Ganze mit Hilfe einiger Getränke auf uns zukommen.
Die Besetzung? Einhorn, Teufel, Reiner, Thomas, Detlef Mahler und meine Wenigkeit. Irgendwie wollte bei dieser Aktion aber nichts Denkwürdiges herausspringen - zumindest nichts, was vielversprechender klang als unsere anderen Projekte, also nichts, was uns zum Weitermachen animiert hätte. So trafen wir uns nach ganzen zwei Proben einfach nicht mehr. Lediglich "Ai Vis Lo Lop" überlebte damals auf wundersame Art und Weise als vage Idee und kurzer Kassettentrack und kam dann später auf unserem Debütalbum "Weckt die Toten!" zu neuen Ehren.
Kurze Zeit später verabschiedete sich Teufel von PULLARIUS FORZILLO zu CORVUS CORAX und Einhorn fand in in Conny, der roten Füchsin ( heute FILIA IRATA) und zwei weiteren Musikerinnen neue Mitstreiterinnen für eine mittelalterliche Band. Nach mehreren Besetzungswechseln stießen dann endlich auch Flex der Biegsame und Dr. Pymonte zur Band. Auch NOAH gaben noch ab und zu ein Lebenszeichen von sich, mittlerweile zwar mehr und mehr zu einem Nebenprojekt für alle Beteiligten mutiert, dafür aber wieder mit Thomas, Reiner, Einhorn und mir - also der späteren IN EXTREMO-Besetzung.
DIE GEBURT VON IN EXTREMO... Im Frühjahr 1996 traf man sich zu Aufnahmen von Mittelaltermusik für eine Demokassette in einem Studio und lud auch kurze Zeit Thomas, Reiner und mich dazu ein, um es vielleicht doch noch einmal mit "Ai Vis Lo Lop" zu versuchen. Und dieses Mal sollte es nicht nur beim Aufnehmen eines Rockstücks bleiben, auch mit einer Bandgründung sollte es nun endgültig klappen. Wenige Tage später wurde in einer Berliner 2-Zimmer-Wohnung, irgendwo im tiefsten Prenzlauer Berg, der Name IN EXTREMO geboren und wir schmiedeten die abenteuerlichsten Pläne für ein Rockprogramm.
Dieses sollte allerdings erst einmal heimlich neben den hauptsächlichen Projekten wie der Mittelalterband IN EXTREMO und den verschiedenen Bands der Rockmusiker Thomas (NOAH, HEART OF STONE), Reiner (IFOR, NOAH) heimlich und mir (CHURCH OF CONFIDENCE, NOAH) am Entwickeln sein. Nachdem wir auf abenteuerliche Weise dafür in einem Weddinger Jugendzentrum einen Proberaum angemietet hatten und mit der Probenarbeit begonnen hatten, stieß als dritter Dudelsackspieler Senn Pusterbalg zu IN EXTREMO. Senn kam aus Norddeutschland, hatte viele Pläne, aber die Zusammenarbeit war wohl durch die Entfernung und dem damit verbundenen Zeitstress von vornherein schon zum Scheitern verurteilt. Trotzdem kamen wir mit der Arbeit schneller als erwartet voran, so dass wir im Frühjahr 1997 parallel zu den Aufnahmen unserer ersten akustischen CD "In Extremo" in einem Berliner Studio die Maxi "Der Galgen" aufnehmen konnten. ERSTE KONTAKTE... Durch meine Arbeit beim Berliner Fanzine "Undersound" hatten sich mittlerweile ein paar gute Kontakte zu Plattenfirmen angehäuft, die wir mit unseren frisch gepressten Exemplaren dann auch sogleich voller Euphorie "bemusterten". Doch wie auch bei anderen Bands kamen entweder gar keine Antworten oder Briefe folgenden Inhalts: " ...leider können wir mit dem Material nichts anfangen..." (Brainstorm); " ...sind mehr an Mainstream interessiert... die eastwest ist von dieser Musik sicherlich nicht zu überzeugen..." (Nucleus).
Warum sollte es uns denn eigentlich anders ergehen als den ganzen anderen Bands, zumal ja die wenigsten Plattenfirmen dafür bekannt sein dürften, irgendwelche Risiken einzugehen? Und so probierten wir es dann eben über ständige Livepräsenz. Parallel zu meiner ja eher entmutigenden Arbeit konnte Einhorn ein paar Rockkonzerte auf Mittelaltermärkten und in unseren ehemaligen NOAH-Hochburgen organisieren, denn im Gegensatz zu den Plattenfirmen rannten wir bei den Live-Veranstaltern mit unserer Maxi scheinbar offene Türen ein.
Kurzum: das erste IN EXTREMO-Rockkonzert (in unseren silbernen Kosmonautenanzügen und noch mit langen Haaren) fand am 29. März 1997 vor 1000 Leuten auf dem Leipziger Rathausmarkt statt. Wenn das kein gutes Omen sein sollte... Wiederum kurze Zeit später, am 4. Juni 1997, lud uns KNORKATOR-Sänger Stumpen zu einem Auftritt in seiner Konzertreihe in den Berliner "Franzklub" ein, wo er gern ungewöhnliche Bands und Projekte vorstellte. Da uns Stumpen äußerst sympathisch war und uns der "Franz" bis dato immer Glück gebracht hatte, sagten wir zu. Kurz nach dem Konzert konnten wir dann bereits einen Verlagsvertrag unterschreiben (auch wir mußten wie so oft üblich erst mal "Lehrgeld" bezahlen), der Kontakt zur Bookingagentur "Extratours" wurde hergestellt, und Wolf- Rüdiger Mühlmann vom "Rock Hard" ließ sich zu einer für uns äußerst hilfreichen und euphorischen Plattenrezension hinreißen.
Nach den ersten acht Rockkonzerten verließ uns Senn Pusterbalg dann auch schon wieder in Richtung der weitaus lukrativeren Mittelaltermärkte - er war mit Sicherheit nicht der einzige Zeitgenosse, welcher der Band mit dem Rockprojekt keine großartige Zukunft prophezeite - und so kommt es auch, so dass wir kurioserweise auf den ersten Bandfotos und Aufklebern nur zu sechst zu sehen sind. Doch im Publikum des "Franzklub" stand bereits unser neuer Mitstreiter Boris, der schon im September 1997 bei uns seinen Einstand geben sollte - sein gelbes Gewand veranlaßte uns, ihn sofort in "Yellow Pfeiffer" umzubenennen. Apropos Künstlernamen: scheinbar war es im Mittelalter wichtig, einen solchen zu besitzen, und so kristallisierten sich, nach mehreren Entgleisungen "Der Morgenstern" (das lag nahe), "Thomas der Münzer" (Thomas hatte seit Jahrzehnten die Bandkasse in seiner Verwaltung) und "Die Lutter" (ich hoffe mal wegen den damals noch langen Haaren) heraus.
Das Jahr 1997 verabschiedete sich mit einem Samplerbeitrag auf "Miroque II", den ersten Extratours-Konzerten (u.a. mit einem Festival in Freyburg, Konzerten in Leipzig, Duderstadt und anderswo) sowie vielen, vielen wohlwollenden Artikeln in der Presse, die wohl auch Doro von Vielklang dazu ermunterte, diese Band in der Leipziger "Moritzbastei" einmal genauer unter die Lupe zu nehmen (später sagte sie, sie hätte zwar kein Wort verstanden, aber den guten Willen gesehen!!!). So entstand also letztendlich unser Kontakt zum Berliner Label "Vielklang". VIEL ZU TUN... Das Jahr 1998 begann mit der Überlegung, wie man das Rockprojekt und die Mittelalterband besser gemeinsam präsentieren könnte: die Variante, einer dieser Bands einen gänzlich anderen Namen zu verpassen, stand für uns irgendwie nie zur Debatte, auch auf die Gefahr hin, den einen oder anderen mit unseren unterschiedlichen Konzertprogrammen zu verwirren. Also lief alles darauf hinaus, dass sich Reiner und ich, plötzlich mit akustischen Instrumenten bewaffnet, auf den mittelalterlichen Bühnen dieses Landes wiederfanden.
Thomas der Münzer klinkte sich auf Grund seines damaligen Lehrerdaseins aus und so startete die Premiere der "Sechs Vaganten, die ihr Glück in der Hölle fanden" am 11. April 1998 auf der Burg Rabenstein im Brandenburgischen. Hier zu Ostern ging dann auch unsere zweite Akustik-CD "Hameln" zum ersten Mal über die mittelalterlichen Budentische. Doch auch "Vielklang" forderten ihr Recht ein und wollten mit der Rockband endlich Nägel mit Köpfen machen. So fanden wir uns im Frühjahr 1998 - kurz vor Beginn der Mittelaltersaison - im Studio wieder, um in knapp 14 Tagen unser Debütalbum "Weckt die Toten!" aufzunehmen.
Ich glaube, heute weiß niemand mehr genau, wie wir das damals rein terminlich organisieren konnten: 1998 war mit Abstand das Jahr mit unseren meisten Mittelaltermärkten und Rockkonzerten, "Hameln" wurde produziert, Tage später begann die Studioarbeit an "Weckt die Toten!", im Sommer gab es auf der Runneburg in Thüringen den Livemitschnitt für "Die Verrückten sind in der Stadt" (dieses Album sollte bereits im Oktober desselben Jahres in den Läden stehen), eine Promotour für die Rock-CD wurde gestartet, Pressetermine warteten unerbärmlich, es gab Fototermine in Lausitzer Tagebaurestlöchern, unsere ersten Auslandstermine in Dänemark standen an, und letztendlich starteten wir unsere allererste (und wohl auch allerlängste) Tournee überhaupt. Beim Management, den Produzenten und der Bookingagentur lagen zu diesem Zeitpunkt oft die Nerven blank und angesichts des übervollen Tourplans ging die Band bald auf dem Zahnfleisch. Auch "Nein" zu sagen will erst mal gelernt sein.
Zu unserem vollgestopften Terminplan kamen natürlich noch solche "Kleinigkeiten" wie der längst fällige Umzug in einen größeren Proberaum (und deren Ausbau), der Entwurf und der Bau eines Bühnenbildes, endlose Verhandlungen mit Plattenfirmen (letztendlich mußten für einen neuen Output ja auch noch neue Songs entstehen) ...und zum Schluss nicht zu vergessen: die Pflege des nicht mehr vorhandenen Privatlebens. Zu guter Letzt mussten wir auch noch aus Platz- und vor allem aus Altersgründen unserem geliebten orangenen Ford Transit einen Heimplatz in Rumänien vermitteln. 1999 sollte dann alles wieder ganz anders werden, dieses Mal würden wir uns zeitlich nicht mehr derart in die Enge treiben lassen, und so ließen wir uns drei Monate Zeit, um die inzwischen angestauten Songideen zu überarbeiten und neue Songs zu schreiben, um sie letztendlich auf CD pressen zu können. Parallel zu den Aufnahmen zur neuen CD gab es diverse Gespräche mit diversen Plattenfirmen, denn immerhin war bis jetzt noch nicht klar, bei welcher Firma die neue Platte erscheinen sollte. Viele Firmen gaben sich bei "Vielklang" die Klinke in die Hand - und natürlich waren auch diejenigen dabei, die uns 1 ½ Jahre zuvor noch ignoriert hatten. Die Zeit lief uns schon wieder davon, aber - wahrscheinlich ist es auch nur ein Gerücht - es soll Bands geben, die sich bei all diesen Dingen Zeit lassen können. Zu allem Unglück setzte sich Einhorn durch seinen berühmten Feuerunfall am 28. März 99 in Mannheim noch selbst außer Gefecht. Zu diesem Zeitpunkt sah es ganz danach aus, unsere Zelte komplett abzubrechen und - wenn überhaupt - die Platte irgendwann einmal später herauszubringen. Nicht nur die Idee, sich dieses Mal viel Zeit für die Aufnahmen zu lassen, um die Sache relativ relaxt angehen zu lassen, löste sich damit ins Nichts auf, jetzt kam auch noch die Angst dazu, überhaupt weitermachen zu können! Zumindest haben wir daraus gelernt, die Kraft des Feuers nicht zu unterschätzen und auch mit der Pyrotechnik etwas professioneller umzugehen, dessen Einsatz uns bis dato schon einige Klagen an den Hals gebracht hatte! Doch Einhorns Wille, diverse Zaubersalben und die vielen guten Wünsche taten sicherlich einiges dazu, dass er schon nach wenigen Wochen das Krankenhaus wieder verlassen durfte und wir die CD mit ihm weiterproduzieren konnten.
GROSSE SCHRITTE... Kurze Zeit später bekam dann die "Mercury" den Zuschlag und Doro Peters, mittlerweile unsere Managerin, Freundin, Tourbegleiterin usw. usf. (heißt das nicht eigentlich "Mädchen für alles"?) gründete dazu ihr Sublabel "Megalux". Danach konnten wir auch noch "Metalblade" als Plattenfirma für das Ausland und auch IBD aus München für das internationale Booking gewinnen, denn wir hatten natürlich schon den Plan, mit IN EXTREMO irgendwann einmal auch dort Fuß zu fassen.
Das erste große Festival, auf dem wir im Ausland spielen durften, ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Am 23. Mai 1999 ging es auf das berühmte "Dynamo"-Festival nach Mierlo/ Eindhoven in die Niederlande. Trotz des zeitgleichen Auftritts von MONSTERMAGNET auf der Mainstage konnten wir vor knapp 10.000 Leuten abräumen - der Erfolg dort war schon fast unheimlich zu nennen, doch er machte die Vorfreude auf die noch anstehende Open Air-Saison natürlich noch größer. Neben den vielen Hallenkonzerten, Clubgigs und dem einen oder anderen Mittelaltermarkt ging es im Sommer 1999 u.a. nach Oberwart/ Österreich auf das "Mind Over Matter"-Festival, zum "With Full Force" und zum "Highfield", nach Biesenthal zum "9. Harley Davidson Motorcycle Jamboree", zum Festival auf die Burg Wandersleben, zum "Altonaer Burgrock", zum "Wacken Open Air" und zum "Zillo Open Air" nach Hildesheim, bevor es dann Ende August für ein paar Konzerte wieder einmal nach Holland, Dänemark und Tschechien ging. Damit war natürlich für 1999 noch lange nicht Schluss, Ende September brachen wir zum ersten Teil unserer diesjährigen Herbsttour auf. Kurz vor Beginn unserer Tour erfuhren wir von unserem sensationellen Charteinstieg mit "Verehrt und Angespien" und ließen in Doros "Cafe Swing" gutgelaunt die Korken knallen. Doch so richtig bewußt wurde uns das alles erst sehr viel später! Doch diese Tour sollte alles anders werden lassen... Lag es nun daran, dass mit IN EXTREMO bislang alles zu steil bergauf ging, lag es an unseren Mammuttourneen und dem damit verbundenen persönlichen Stress - die Antwort wissen wir bis heute nicht.
Thomas der Münzer erkrankte und wie sich später herausstellen sollte, sogar äußerst schwer. Wir waren zwar zunächst immer noch der Hoffnung, den zweiten Teil unserer Herbsttour und die abschließende "Dark Storm Tour" mit THEATRE OF TRAGEDY und GOETHES ERBEN wieder mit ihm spielen zu können, doch Thomas mußte uns absagen. Dass der Abschied für immer sein würde, wurde uns erst viel später klar.
So waren wir auf der Suche nach einem "Ersatzmann", zumindest bis sich die Dinge klären würden. Diesen fanden wir, nach mehreren vergeblichen Anläufen, schließlich in Sebastian (DIE VISION, 3 MINUTES HATE), der nun noch ganze drei Wochen Zeit hatte, sich mit dem kompletten Konzertprogramm (und der dazugehörigen Bühnengarderobe) anzufreunden. Respekt! Da Sebastian schon mit allen IN EXTREMO-Musikern auf die eine oder andere Art zu tun hatte, entfiel natürlich die große "erst mal kennenlernen"-Phase und wir konnten uns gleich mit der Musik beschäftigen - was auch nötig war, denn er wußte nicht, was wir überhaupt für Musik machen würden. Aber vielleicht war es gerade das, was die Sache im Endeffekt so spannend werden lassen sollte.
UND ES GING WEITER... Zu Beginn des Jahres 2000 wartete gleich wieder ein Haufen Arbeit auf uns. Nach einer kurzen Auszeit begannen wir mit der Vorproduktion für die Single "Vollmond", die im Sommer erscheinen wird. Anfang Februar ging es dann bereits wieder auf Tour, dieses mal über knapp 6000 Kilometer im Nightliner quer durch Nordeuropa (Luxemburg, Niederlande, Belgien, England, Dänemark, Norwegen, Finnland). Zum Benefizkonzert für Christoph Zimmermann, zu dem wir am 8. März im Berliner Casino u.a. mit den INCHTABOKATABLES, DREADFUL SHADOWS und den BLIND PASSENGERS spielten, besuchte uns zum ersten Mal nach langer Krankheit Thomas der Münzer wieder und gab uns nun seinen endgültigen Abschied bekannt. Er wird sich für`s erste aus gesundheitlichen Gründen vom Musikmachen zurückziehen und wieder in seinem alten Beruf zurückkehren. Am 11.3. ging es bereits schon wieder weiter, dieses Mal per Flugzeug in die USA und anschließend nach Mexiko. Doch zuvor wurde Sebastian noch zum "Extremisten" geschlagen und erhielt feierlich seinen neuen Codenamen "St. Sebastian" (mitgefangen, mitgehangen!) Bevor es jedoch ins warme Los Angeles ging spielten wir noch auf einem sehr krassen Festival im Norden der USA- dem "March Metal Meltdown" in Pennsauken/ New Jersey. Ich will nur soviel sagen: Für den europäischen Konzertbesucher war die Organisation dieses Events reichlich ungewohnt. Aber vielleicht konnten wir gerade deshalb das dortige Publikum so schnell auf unsere Seite ziehen. Hätte uns vor wenigen Jahren jemand prophezeit, dass wir einmal in L.A.`s berühmten "Whisky a GoGo" spielen würden, dann hätten wir ihn wahrscheinlich für unzurechnungsfähig erklärt. Zumindest die Rockfraktion von IN EXTREMO betrat recht ehrfürchtig die heiligen Hallen (wobei "Halle" reichlich übertrieben klingt, die Erinnerung an die Vergangenheit macht wohl alles um einiges größer als es denn in Wirklichkeit war). Aber das Gefühl, einmal auf der Bühne zu stehen, auf der schon JIM MORRISON stand lässt einen irgendwie nicht kalt. Die SXSW- Messe in Austin/ Texas, auf der wir ein paar Tage später zu Gast waren konnte dagegen natürlich nicht mithalten. Doch die darauffolgenden 5 viel zu kurzen Tage in Mexico ließen alles zuvor dagewesene in den Schatten stellen. Mehr darüber könnt Ihr in den Tourberichten lesen! Kaum wieder gelandet und die Taschen ausgepackt ging es Mitte April auch schon gleich weiter nach Paris (direkt ins dortige Sündenbabel), wo wir unsere Frankreich- Premiere vor 600 Konzertbesuchern gaben. 14 Tage später- kleine Pause zum Luftholen- startete IN EXTREMO dann zur Frühjahrstour quer durch Österreich und Deutschland. Im Juni begann für uns der langersehnten Festivalsommer. Das Jahr 2000 war wirklich ein übermäßig guter Jahrgang, so konnten wir u.a. bei "Rock am Ring" und "Rock im Park", auf dem "Southside- Festival", dem "Woodstage" in Glauchau, dem "Rock For People" in Cesky Brod, dem "Dour- Festival" in Belgien, dem "Taubertalfestival" und dem "Doomsday" in Dresden mit dabei sein. Und eines möchte ich an dieser Stelle mal sagen: Es ist immer noch sehr aufregend, seinen Favorites von der Seitenbühne aus bei ihren Konzerten zusehen zu dürfen. In diesem wirklich spannenden Sommer spielten wir so u.a. mit TITO & TARANTULA, den FIELDS OF THE NEPHILIM, den SPIRITUAL BEGGARS, den QUEENS OF THE STONE AGE, HENRY ROLLINS, SKUNK ANANSIE, NEBULA, NINA HAGEN, OOMPH, CLAWFINGER, THERAPY?, den SISTERS OF MERCY... Das absolute Highlight aber war unser Auftritt auf dem größten europäischen Festival überhaupt, dem Roskilde- Festival in Dänemark. Wie oft sind wir da in den vergangenen Jahren als Besucher selbst hingefahren (und haben dafür nebenbei gesagt sogar selbst eigene Konzerte sausen lassen!) Leider erreichte "Roskilde 2000" in diesem Jahr durch das tragische Unglück beim PEARL JAM- Konzert traurige Berühmtheit, zumal wir die undankbare Aufgabe hatten, zwei Stunden danach auftreten zu müssen. Wer einmal in Roskilde war, der weiß, dass genau dieses Festival eigentlich zu den am besten organisierten Rockfestivals überhaupt gehört... Wünschen wir den Veranstaltern, dass es trotzdem weitergeht- und vor allem, dass sich so etwas nie wieder wiederholt- nirgendwo. Den Sommer ließen wir dann mit zwei Mittelaltermäkten in Hamburg und Stadthagen sowie einem Festival auf der Festung Kufstein, zusammen mit SCHANDMAUL, DER LETZTEN INSTANZ und HAGGARD ausklingen. Das Jahr 2000 sollte aber noch mit richtig viel Arbeit enden, denn die letzten 3 Monate sollten dazu genutzt werden, die 3. Rock- CD von IN EXTREMO vorzubereiten. Nach unserer obligatorischen Weihnachtstour (in diesem Jahr wieder mit SUBSTYLE) wollten wir nämlich Anfang 2001 für eine längere Zeit wieder das Vielklang- Studio blockieren. Und dieses Mal würden wir uns die Zeit nehmen die wir bräuchten... Nach den ersten 3 Studiomonaten 2001 ging es, schon um die Köpfe wieder etwas freizukriegen und etwas Abstand gewinnen zu können, auf eine Kurztour, dieses Mal mit SCHOCK als Support. Danach konnten wir guten Gewissens an der CD weiterarbeiten. Ende April 2001 wurden wir von den INCHTABOKATABLES als Gäste zu ihrem Berliner Konzert in die Columbiahalle eingeladen, Ende Mai spielten wir eine ungewohnt kurze Frühjahrstour- denn die Zeit begann uns schon wieder davonzurennen! So mussten wir uns in diesem Sommer konzertmäßig äußerst rar machen, doch von "Erholung" konnte natürlich keine Rede sein. Im Gegenteil, wir hatten am Ende alle das Gefühl, ziemlich ausgebrannt zu sein- aber dafür hatten wir auch die Gewissheit, eine sehr gute CD am Start zu haben. Als die wenigen Konzerthöhepunkte des Sommers 01 bleiben trotz allem das "WGT" in Leipzig, das "Mind Over Matter"- Festival in Wiesen/ Österreich (mit MOONSPELL, BIOHAZARD und SOULFLY), das Ulmer Zeltfestival sowie das "Woodstage" in Glauchau in schöner Erinnerung. Und nicht zu vergessen unsere mittlerweile traditionellen Akustikkonzerte auf dem Wäscherschloss und dem Mittelaltermarkt auf der Runneburg in Weißensee. In diesem Jahr haben wir die Akustikvariante zum ersten Mal etwas elektrifiziert. Wie es aussieht haben wir dadurch auch wieder eine Menge Spaß daran gefunden und werden also dem Akustikpart in der Zukunft auch wieder etwas mehr Beachtung schenken. Lasst euch einfach überraschen. Am 3.9.01 stand endlich unsere neue CD "Sünder ohne Zügel" in den Läden. Es ist jedes Mal wie bei einer Geburt: Man möchte eigentlich nicht wirklich dabei sein, doch die Neugier, ob sich der ganze Aufwand denn überhaupt gelohnt hat, ist zum Schluss dann doch größer. Platz 10 hat unsere Erwartungen übertroffen! Vielen Dank euch allen!
ZWANGSPAUSE... Ausgerechnet am 11. September hatte sich die ganze Band am Abend getroffen, um das Erscheinen der neuen CD und vor allem den Charteinstieg zu feiern. Doch angesichts der Ereignisse in New York war niemandem mehr zum Feiern zumute. Mir ohnehin nicht, denn ich lag an diesem Abend schon mit Fieber und Bauchschmerzen im Bett und konnte mich kaum noch rühren. Und das alles eine Woche vor Beginn unserer Herbsttournee. Da die Ärzte auf einen harmlosen Infekt tippten war ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sonderlich beunruhigt, es waren ja noch ein paar Tage Zeit zum Auskurieren. Am 18.9., früh um 8.00 Uhr und einem Tag vor Tourbeginn, sollte ich noch einmal zu einer letzten Ultraschalluntersuchung, um 13.00 Uhr befand ich mich dann schon in einem Krankenwagen, der mich wegen eines möglichen akuten Darmverschlusses in ein Krankenhaus brachte. Die Tour musste ich also erstmal absagen. Nach 14 Tagen Antibiotika und mehreren Untersuchungen erhielt ich dann die wenig erfreuliche Diagnose, dass es sich um Darmkrebs handelt. Das war natürlich ein Schock für mich und stellte plötzlich alles in Frage - nicht nur die Musik, sondern das ganze Leben. Ich wollte aber gern, dass die Band die Herbsttourohne mich spielt, denn es war überhaupt noch nicht abzusehen, wann (und ob überhaupt) ich wieder auf der Bühne stehen könnte. So gewannen wir Totti von BOON als Vertretung für mich, der die nicht einfache Aufgabe hatte, alle Songs innerhalb weniger Tage auswendig zu lernen. Nach über 6 Wochen Krankenhaus, einer 3 - wöchigen Kur und ein paar Tagen Urlaub konnte ich am 14.12.02 zu unserem Konzert in der Berliner Columbiahalle wieder auf der Bühne stehen, etwas abgemagert zwar und mit weichen Knien, aber das war egal! Mit dabei als unsere Gäste waren BOON, natürlich mit meiner Vertretung Totti am Bass. Nach 2 Konzerten in Österreich starteten wir am 26.12. im Bremer "Pier 2" unsere nun schon traditionelle, aber leider viel zu kurze Weihnachtstournee, wieder mit BOON im Vorprogramm. 2002... Vor den ersten Konzerten im April wurden wir noch eingeladen, zum 50. Geburtstag des Berliner "Knaackklub" aufzutreten, ein Angebot das wir gerne angenommen haben, sind wir doch hier mit unseren verschiedensten Bands "groß" geworden. Zwei Besonderheiten gab es dann auch: Zum einen waren der Morgenstern und ich mit unserer alten Band Tausend Tonnen Obst heute mal Supportband für unsere eigene Kapelle, zum anderen traten wir an diesem Abend mal in zivil auf. Für die kleine Frühjahrstournee hatten wir uns Red Aim als Support eingeladen, sie führte uns u.a. auch in die Niederlande, wo wir im Amsterdamer "Melkweg" und im "Effenaar" in Eindhoven zwei wundervolle Konzerte spielen konnten. Am 8.6.02 schnitten wir dann ein komplettes In Extremo - Konzert auf dem Kyffhäuserdenkmal in Kelbra/ Thüringen für eine DVD - Produktion mit. Die DVD soll dann, zusammen mit einer Live - CD, noch vor Weihnachten im Handel sein.
Dann begann auch schon wieder die Sonne zu scheinen und der Festival - Sommer nahte. Los ging es mit dem Feuertanzfestival in Aalen und dem Leipziger "WGT", es folgten das "Open Flair" in Eschwege (mit Die Happy, Fettes Brot), das "Tollwood" in München (mit Subway To Sally), das "Graspop Metal Meeting" im Belgischen Dessel (Agnostic Front), das "With Full Force" - Festival (Exploited, J.B.O., Machine Head), das "Bospop" in Holland, das "Taubertal - Festival" (Beatsteaks, Heather Nova), das "Méra Luna" (69 Eyes, Sisters Of Mercy), das "W:O:A" in Wacken, das "Highfield" (Son Goku, Filter, Korn) und das unvergessene "2 Days A Week" - Festival in Wiesen/ Österreich (mit 69 Eyes und Slipknot) - um nur ein paar zu nennen. Wie ihr seht war es sehr, sehr spannend für uns. Außerdem spielten wir "zwischendurch" unsere beiden traditionellen Akustikkonzerte auf der Wäscherburg in Wäschenbeuren und der Weißenseer Runneburg in Thüringen. Ab September verordneten wir uns eine Spielpause, um die Zeit für die Vorbereitung einer neuen CD nutzen zu können. Mit einer Ausnahme: Für 2 Konzerte reisten wir Ende September nach Mexiko. Einen ausführlichen Tourbericht findet ihr dazu wie immer auf unserer Homepage. |