Konzertarchiv

Do 05.10.2006 | 20:30 Uhr

KOOL SAVAS

€ 17,-- zzgl. Genühr
Konzertagentur: Music Circus
Charlottenplatz 17
70173 Stuttgart
Tel.: +49 (0)711-22 11 05

Von besorgten Müttern und betroffenen MCs für Nummern wie "LMS (Lutsch meinen Schwanz)" oder "Schwule Rapper" gleichermaßen gehasst wie gefürchtet, ist der Deutsch-Türke Savas Yurderi zur Identifikationsfigur einer Jugend und Szene geworden, die sich mit dem Verlust des Rebellischen im HipHop einfach nicht mehr abgeben wollte.

Kool Savas ging mit seiner Familie als Einjähriger in die Türkei zurück. Sein Vater wurde dort aufgrund seiner politischen Aktivitäten inhaftiert, was Savas´ Mutter dazu zwang, wieder nach Aachen zurückzukehren. 1987 zog die wieder vereinte Familie nach Berlin, wo Savas mit Rap erstmals in Berührung kam.

Die Karriere als Rapper begann für Kool Savas mit der Warum rappst du?-EP. Er machte die Öffentlichkeit mit skandalösen Texten wie in Schwule Rapper, LMS (Lutsch mein´ Schwanz) oder Pimplegionär auf sich aufmerksam. Zuvor rappte Savas (damals noch Juks) meist englischsprachig in Crews wie den Basic Elements. Erfolgreich wurde er erst innerhalb der Rapcrews M.O.R. und Westberlin Maskulin zusammen mit Taktloss. Im Jahre 2001 verließ er seine damalige Plattenfirma Put Da Needle To Da Records und auch M.O.R. wegen wachsender persönlicher und künstlerischer Differenzen.

Er veröffentlichte 2002 sein erstes Soloalbum bei seiner eigenen, im gleichen Jahr gegründeten, Plattenfirma Optik Records unter dem Titel "Der beste Tag meines Lebens". Kool Savas arbeitete mit zahlreichen nationalen und internationalen Musikern wie Azad, Curse, Moses Pelham, Samy Deluxe, Prinz Porno, RZA, J-Luv, Lumidee, Bligg, Jadakiss, Xavier Naidoo und Smut Peddlers zusammen.

Als wichtige Eckpunkte in der musikalischen Karriere sind zum Beispiel das in 24 Stunden aufgenommene Album "Freunde der Sonne - Nur noch 24 Stunden", das "One - One" Album mit dem Frankfurter Rapper Azad sowie das "Die John Bello Story" Mixtape.

Aber auch soziales Engagement ist vom Berliner Musiker zu sehen. So war Savas im März 2005 der Mittelpunkt einer Werbekampagne der Tierrechtsorganisation PETA, in der er sich gegen Massentierhaltung und für den Verzicht auf Fleisch ausspricht. In der unpolitischen und von medienunternehmen finanzierten Kampagne "Du bist Deutschland" konnte man Savas ebenfalls sehen.

Savas ist ein MC aus Berlin-Kreuzberg, der seine Kindheit zum Teil in der Türkei und in Aachen verbracht hat. Anfang der neunziger Jahre hat er angefangen zu rappen. Damals noch unter dem Namen Juks, war er Teil der Gruppen First League und Basic Elements. 1997 hat er zusammen mit FuManschu und Justus die M. 0. R. -Crew gegründet. Seine erste Single erschien 1999 auf dem Label Put The Needle To Da Record. Geboren wurde er in Aachen.


Er war gerade ein Jahr alt, als seine Eltern in die Türkei gingen. Sowohl in der Türkei als auch in Deutschland sind Menschenrechtsverletzungen gang und gäbe. Als sein Vater für fünf Jahre als politischer Häftling ins Gefängnis kam, mussten seine Mutter und er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Flucht nach Deutschland, wo sie noch Verwandte hatten, antreten, da es in der Türkei oft vorkommt, dass die Familie eines Inhaftierten stark terrorisiert wird. Über diese Zeit berichtet Savas wie folgt:

»Meine Oma hat uns aus Deutschland immer Pakete mit Süßigkeiten geschickt. Da wir damals nicht viel Geld hatten, habe ich jede Woche nur ein bisschen davon bekommen. Am Abend, als mein Vater geholt wurde, durfte ich essen, was ich wollte. Meine Mutter sagte: ´Iss was du willst! iss das ganze Paket leer!´ Wir haben unser restliches Türken-Geld verbraten und Playmobil gekauft, was ich ziemlich geil fand.«

Doch Savas bemerkte recht schnell, was um ihn herum geschah, tat seiner Mutter gegenüber jedoch anfangs so, als wüßte er von nichts.

»Meine Mutter und ich sind in den Zug gestiegen. Im Zug meinte sie zu mir: ´Dein Vater ist im Knast.´, doch ich wußte schon längst Bescheid. Was in der Türkei abgeht, ist schlimm, doch Deutschland ist in keiner Weise besser -nur anders. Dort wurden Nazi-Methoden genutzt.«

Auch ein anderes Erlebnis aus seiner Kindheit ist fest in ihm haften geblieben.

»Ich erinnere mich noch, als einmal ein Tanker in der Bucht von Istanbul explodierte und ausbrannte. Meine Mutter und ich haben uns das angesehen. Dann sind Bullen gekommen -und ich war wirklich noch klein, so vier oder fünf- und haben uns geknüppelt. Als Fünfjähriger mußte ich vor Bullen wegrennen. Ich war das in der Türkei aber auch nie anders gewohnt.«

Die Zeit, in der sein Vater im Gefängnis saß, bezeichnet Savas aus heutiger Sicht als den stressigsten Part seines bisherigen Lebens.
Seine Zeit in Aachen verlief dagegen eher ruhig. In der Realschule stand man vor Unterrichtsbeginn hinter dem Stuhl und begrüßte den Lehrer mit einem freundlichen »Guten Morgen, Herr Becker.«
Mit elf Jahren zog Savas mit seiner wieder vereinten Familie nach Berlin-Kreuzberg, wovon er anfänglich nicht sehr zu begeistern war. Er befürchtete, er könne in Berlin die Musiksendung »Formel 1« nicht mehr empfangen. »Berlin war dann ein ganz anderer Flavor. In Aachen war nur chillen angesagt. Da gab es keinen Stress. Und zack! Plötzlich lebte ich in Kreuzberg, wo es nur Aufdreher gab.« ..

Seine ersten heftigen Berlin-Erfahrungensammelte er auf dem Spielplatz.»Eines Tages ging ich auf einen Abenteuerspielplatz. Ich war noch ein Kind und dachte, dort ist ganz normal chillen angesagt, doch sofort kam ein kleiner Türke an und sagte: ´Zeig mir deinen Penis!´«

Alles, womit er konfrontiert wurde, wirkte nur verrückt auf ihn. In Berlin kam er in die sechste Klasse, die dort noch zur Grundschule gehört, und mußte also noch ein Jahr zur Grundschule gehen, obwohl er schon in einer Realschule war. Plötzlich mauserte er sich ohne Kraft und Arbeit zu investieren zum Musterschüler und erhielt nur noch Einsen und Zweien.

»Das Niveau in der Berliner Schule war so niedrig. Die Schüler saßen mit den Füßen auf dem Tisch da. Als ich in die Klasse kam und gesehen habe, daß die Hälfte Ausländer waren, habe ich mir gesagt: »Was ist hier nur los?« Ich war in der Nürtingen-Grundschule in Kreuzberg. Aus Aachen war ich was ganz anderes gewohnt. In Kreuzberg gab es auf dem Schulhof nur Boxereien. Neben unserer Schule befand sich eine Sonderschule. Dort waren die richtig kaputten Patienten, die nur zum boxen rüberkamen.«

Als er an die Hektor-Petersen-Gesamtschule kam, begann sich Savas verstärkt für Musik zu begeistern. Eine Zeit lang hing er mit Punks in besetzten Häusern rum und ging zu Demos. »Da habe ich dann angefangen, mit einem Kassettenrecorder auf Englisch, was gar kein richtiges Englisch war, rumzurappen.«

Mit seiner Tante, die in San Francisco wohnt, schrieb er seine ersten englischen Texte, die er Freunden vorrappte. So kamen bald Kontakte zu anderen Gleichgesinnten in seiner Gegend zustande. Gemeinsam mit seinem Kumpel Aydin begann er in der Naunynritze, einer Jugendfreizeitstätte in Kreuzberg, unter dem Namen »Rhyme Guns« (RGS) zu rappen. Die Gruppe entwickelte sich jedoch nicht weiter und zerfiel. Savas´ musikalische Vorlieben waren damals Too Short und Comptons Most Wanted. »Eine Zeit lang klang ich wie MC Eight.« Die Platte »My Melody« von Islamic Force mit dem bereits verstorbenen Rapper Boe B. war für ihn der absolute Hammer. »Islamic Force habe ich vergöttert. Ich konnte nicht glauben, daß so was aus Berlin kommt.«

Später, als Skills für Savas immer mehr an Bedeutung gewannen, geriet er in den Proberaum, in dem auch Aliens In Effect probten. Dort lernte er Solo, Domain und Hype von Cheeba Garden kennen. »Hype hatte damals einen S 900er, mit dem er produziert hatte. Zu dieser Zeit nannte ich mich noch Juks. Wenn man anfangs dabei und noch nicht so gut ist, ist man immer von anderen abhängig, wenn aber andere Leute deinen Shit hören wollen, gewinnst du immer mehr Freiheiten dazu. Das ist das Beste, was einem bei der Musik passieren kann.«
Savas chillte mit den Leuten von CPS und begründete die Crew First League mit. Zu dieser Zeit arbeitete er noch viel mit DJ Hype zusammen, war später jedoch nicht mehr auf dessen Beats angewiesen, da er selbst mit eigener Vierspur und einem SampIer zu produzieren begann. »Ich würde auch jedem MC empfehlen zu lernen, eigene Beats zu machen. Das gehort einfach dazu.« Gemeinsam mit Ono hatte Savas einige Auftritte unter dem Namen Basic Elements. Diese Zeit bezeichnet er heute als den eigentlichen Beginn seiner Kreativität.
Im HipHop-Haus leitete er Rap-Workshops. Dort fand er Gefallen daran, in deutscher Sprache zu rappen. 1996 fuhr er mit Mel nach Oakland.

»Dort wohnten wir bei ein paar Rap-Pritzen und sind viel mit denen rumgezogen, in irgendwelche Radiostationen [...]. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch englisch gerappt, doch sie haben immer zu mir gesagt, daß ich auf Deutsch rappen soll. Ich habe schnell gemerkt, daß es nichts bringt, auf englisch zu rappen, wenn es Leute gibt, die es tausendmal besser konnen. Zwei oder drei Wochen später war ich mit dem HipHop-Mobil, mit FuManschu und SMC in LA. Als ich wiederkam, war ich ein deutschsprachiger MC.«

Kurz nach diesem Trip nach Amerika schuf er mit Justus und Fu Manschu den Song »Masters Of Rap«, der die Grundlage für den Crew-Namen »M. 0. R.« lieferte. Zu M. 0. R. gehören nun die Funk Füchse, Taktlos, Fuat, Mel, Derill, Jack und Ronald.
Über seinen weiteren Werdegang berichtet er: »Astrid Milewski wollte einen Film machen. Sie hat etwas mit SMC, Fuat und mir gemacht. Ihr habe ich ein Tape von mir gegeben. Darauf waren ein paar Songs von mir -»LMS«, »Schwule Rapper«, »Warum Rappst Du« und »Mehr als erwartet«. Das Tape hat sie Chris Maruhn gegeben, der es SO gut fand, daß er es überspielt und ein paar Leuten geschickt hat. Dazu zählten show-down, FourMusik und Peter von Put Da Needle To Da Record. Show-down und FourMusik fanden es anscheinend richtig ekelhaft. Eines Tages rief Peter von Put Da Needle an und schlug vor, sich einmal zu treffen. Als ich ihn fragte, wo er wohte, meinte er, er wohne in Aachen. Ich sagte: »Cool, meine Tante heiratet bald, da muss ich eh´ nach Aachen.« So hat sich der Kreis geschlossen.

Ich war wieder inAachen und die Sachen kamen Schlag auf Schlag. Ich glaube, am zweiten Tag, nachdem ich Peter gesehen habe, haben wir das STF-Stück »Ihr müsst noch üben« aufgenommen, wodurch die Leute, als es erschien, erstmals richtig auf mich aufmerksam wurden.«
Ältere Songs wie »LMS« und »Schwule Rapper« wurden nochmals richtig aufgenommen...
Das »Maskulin-Tape« mit Taktlos betrachtet Savas heute als einen seiner entscheidendsten Schritte. »Es war ein Konzept-Album mit düsteren, computermäßigen Beats und asozialen Raps. Das ist für mich kein Rap-Album, von dem ich sage, es sollte irgendwelche Maßstäbe setzen. Es war für uns und unsere Homies gemacht. Die Flows waren natürlich O.K., doch wir wollten auch ein bißchen asozial sein. Wir wollten nicht unbedingt provozieren und hatten einfach Spaß an dem, was wir taten. Wir haben bei Taktlos in dieser grauen Wohnsiedlung gechillt. Wir haben nur gemacht, worauf wir Lust hatten. Wir haben ein Album aus Spaß gemacht. Für die anderen Leute war das natürlich schon ganz was Neues. Was ich schade finde, ist, daß es den Leuten auch gar nicht um die Musik ging, sondern darum, daß wir viel »Ficken« und »Fotze« gesagt haben. Dies ist aber nicht das, worauf ich als MC reduziert werden will. Das Einzige, worauf die Leute bei mir achten, sind nicht meine Skills, sondern wenn ich »Lutsch meinen Schwanz« sage.«
Savas will gesehen werden und möchte, daß Leute wenigstens einmal zu seiner Show kommen. Es geht ihm um nichts anderes als Vielseitigkeit beim MCing. »Mein Genre ist Battle-Rap und das versuche ich so gut wie möglich zumachen. Ich versuche kein Pimp-Rapper zu sein.

Von 1996 bis 1998 habe ich nur über Fotzen geredet und irgendwann hatte ich darauf keinen Bock mehr. [...] Es ist auch viel passiert. Was mich am deutschen HipHop stört, sind diese Geschäftsmänner, diese abgebrühten Typen, die in ihren Hip-Hop- Büros sitzen, alles managen und im Griff haben, aber ansonsten über keine Skills verfügen. Diese Typen, die natürlich ihr Business machen können, sollen ein paar Meilenstein-Albenmachen, wie es Dr. Dre tat. Danach können die sich dann zur Ruhe setzen und chillen und ihre Studios eröffnen. Ich finde die einfach albern. Das ist in Deutschland bestimmt auch deshalb so, weil die Deutschen ein typisches Büro- und Arbeitsvolk sind. In erster Linie geht es nur um die Skills. Es gibt in Deutschland vielleicht dreißig tighte Rapper und viele schlechte, untighte. Auf der anderen Seite gibt es wieder das Problem, das viele Underground-Heads ihre MCs geil finden wollen, ihnen aber nichts gönnen. Solange etwas gut ist, kann es von der kommerziellsten oder undergroundigsten Person sein. Wenn etwas gut ist, ist es gut. Wenn etwas scheiße ist, ist es scheiße. Es gab bei deutschem Rap eigentlich nie etwas, was ich mir wirklich anhören wollte. Das wird jetzt langsam anders.« MCs wie Tone, Azad, Creutzfeld & Jakob, SMC und M. 0. R sind in seinen Augen die Hoffnungsträger des deutschsprachigen HipHop...

Do 05.10.2006
Einlass ab: 19:30 Uhr

Konzertbeginn: 20:30 Uhr

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