Konzertarchiv
Luciano Ligabue
Gefühle in mittleren Dosen
Der italienische Popstar Luciano Ligabue und seine Band im LKA
Der Arme, er muß den „italienischen Bruce Springsteen" abgeben, das haben die Medien nun mal so entschieden. Ob´s an seinen Songtexten liegt? Ob´s seine Musik ist, die so eindeutig auf sieht- und hörbarer Handarbeit beruht? Auf der Bühne jedenfalls wirkt Luciano Ligabue viel abgeklärter als der Boß aus Amerika, der seine Auftritte meist stundenlang dauern läßt und dabei ziemlich athletisch auf der Bühne unterwegs ist. Ligabue hingegen setzte bei seinem Auftritt im LKA schon nach achtzig Minuten zum ersten Mal ab, ehe er sich nach verhaltenem Applaus bedächtig zur Zugabe entschloß.
In der Heimat umtoben ihn die Beifallsstürme ganz anders: 1990 kam seine erste Platte heraus. Die darauffolgenden Scheiben zeichnete die Industrie mehrfach mit Platin aus, bis hin zum letzten Studioalbum „Buen Compleanno Elvis", das gleich neunfach platinprämiert dem Sänger drei italienische Grammys in den Kategorien „bester Sänger", „bestes Album" und „bester Song" einbrachte. Doch damit nicht genug: im vergangenen Jahr avancierte Ligabue in Italien zum „Künstler des Jahres". Ein Held der italienischen Popmusik, fürwahr.
Im LKA freilich mußte er kleinere Brötchen backen. Rund vierhundert Besucher mochten es gewesen sein, die dem Auftritt so etwas wie eine intime Clubatmosphäre gaben, die Ligabue seit den Anfängen seiner Karriere nicht mehr kennen dürfte, was ihm durchaus anzumerken war. Seine vierköpfige Band hingegen legte feurig los mit all den kompakt verpackten Klischees der letzten dreißig Jahre Rockgeschichte, um die herum Ligabue seine Songs zwar melodisch, aber kaum melodramatisch arrangiert hat: Insofern hat er wenigstens das Klischee des mediterranen Künstlers ausgelassen.
Doch wo war jene „atemberaubende Stimme zwischen Gefühl und Härte", die von der Plattenfirma durchaus im Einklang mit der italienischen Presse versprochen worden war? Von der Bühne jedenfalls wirkte diese Stimme mit ihren unscharfen Konturen wenig außergewöhnlich und transportierte Ge-, fühle meist nur in mittleren Dosierungen. Das Panorama der italienischen Rockmusik mag Ligabue zwar bereichert haben, doch hierzulande wird er mit solch mittelprächtigen Auftritten wohl kaum Werbung für sich machen können. Ulrich Bauer stuttgarter zeitung 18.02.1998