Konzertarchiv
MADSEN
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Madsen „Frieden im Krieg“
Nun liegt es da, das dritte Album. Das dritte Album, das immer das schwierigste oder wichtigste Stück für jede Band ist, weil man sich angeblich neu erfinden soll oder will, weil die Presse, die Freunde, die Plattenfirma wieder kritischer schauen, weil für viele Bands sich damit entscheidet, wie die Zukunft aussieht.
Nach zwei erfolgreichen Alben („Madsen“ und „Goodbye Logik“) mit dem Produzenten Sven Bünger, wollten die Jungs neue Wege beschreiten und nahmen die 12 Songs von „Frieden im Krieg“ unter der Regie von O.L.A.F. Opal in Bochum auf. Vor allem Sänger Sebastian wollte unbedingt mit ihm arbeiten, weil er die Alben von Notwist, Readymade und Miles schätzt, die Opal produziert hat: „Die klingen alles so erfrischend undeutsch“. Und da er auch Bands wie Juli produziert hat, wusste ich, dass er viele verschieden Arten von Musik produzieren kann.“ Kennen gelernt hatte Sebastian ihn auf der Release-Party zu „Goodbye Logik“. „Ich wurde ihm dann vorgestellt und sagte dann „Endlich!“ Das war ein bisschen peinlich,“ schmunzelt Sebastian.
Opal ermutigte Sänger Sebastian bei den neuen Songs mal wieder mehr zu schreien. Besonders bei den ruhigeren Stücken sollte er wieder rotziger klingen, deshalb schickte er Sebastian vor den Aufnahmen auch schon mal vor die Tür, um zehn Minuten lang rumzubrüllen. Die Stimme war danach angekratzt und klein geworden und Sebastian war danach nur noch in der Lage zu hauchen. Und genau so war es gewollt. „Wir hatten auch von uns aus wieder Bock, etwas extrem zu klingen,“ erzählt Sebastian. „Wir wollten etwas aufnehmen, dass rotzig, gewaltig, anders und nicht professionell klingt“. Viele werden bei diesem Satz vielleicht grinsen, denn klangen Madsen je anders?
Mit einem Urschrei eröffnet die Band die erste Single „Nachtbaden“. Treibende Drums und verzerrte Gitarren bestimmen den Song. „Hättest du nicht Lust, mit mir den Abend zu verbringen, gegen den Frust. Wir könnten nachtbaden gehen“, brüllt Sebastian. „Auf dem Lande sitzt man oft alleine, trinkt Bier und denkt, dass das Leben an einem vorbei rasselt,“ beschreibt Sebastian das Leben im Wendland. „Und natürlich hasst man die szenigen Leute, die zu stylischer Elektro-Mucke tanzen gehen und Wodka-Red-Bull trinken. Mit einem hübschen Mädchen dann nachtbaden gehen ist doch viel besser,“ so der Frontmann. Stefan Raab konnte sich auf jeden Fall da auch reindenken und wählte den Song für seinen „Bundesvision Song Contest“, wo Madsen dann auch sogar Platz4 belegen konnten. Für die Band eine Überraschung, dass sie bei so einem Format punkten konnten.
Von O.L.A.F. OPAL wurde auch eine neue Arbeitsweise eingeführt. Alles wurde nacheinander aufgenommen – ohne, dass der Livecharakter der Songs darunter gelitten hätte. „Bleib bei den Dingen, die du liebst“, schreit Sebastian in „Verschwende dich nicht“. Und auch der Opener „Ja oder Nein“ oder „Liebeslied“ lassen sofort erkennen: das sind Madsen.
Nicht nur produktionstechnisch und musikalisch sind Madsen neue Wege gegangen. Auch textlich setzt Songwriter Sebastian jetzt auf mehr Verständlichkeit. „Ich bin müde geworden von den Texten der deutschen Indierockmusik. Da wird zu viel geklagt, geleidet und in Selbstmitleid gebadet. Da schließe ich uns auch mit ein. Es musste was Neues her. Ich bin halt kein Student mehr, der nicht weiß, wohin mit seinem Leben. Wir wollten was Konkretes sagen.“ So ließ sich der Songwriter für den Song „Nitro“ von dem Film „Elephant“ des Kultregisseurs Gus van Sant inspirieren. Darin geht es um das Attentat von Columbine. „Man sollte vorher genau hinschauen und nicht erst, wenn solche Attentate passieren,“ so Sebastian.
Eine neue Ernsthaftigkeit spiegelt sich auch im Titelsong wieder. „Frieden im Krieg“ ist dabei aber keine Anti-Kriegs-Hymne. „Der Song ist aus einem Harmoniewunsch von mir entstanden, in einer sehr schwierigen Phase für mich,“ erklärt Sebastian.
Natürlich gibt es auf dem dritten Album von Madsen auch ein paar ruhigere, getragenere Nummern. Allerdings wurden dafür die Streicher, die beim letzten Album eingesetzt wurden, vom Produzenten gestrichen. Und zwar ganz. „O.L.A.F. hat uns überredet, keine Streicher zu benutzen,“ so Sebastian. Der Song „Vollidiot“ sollte sich an den großen Soulballaden der 60er Jahre von Otis Redding orientieren, einem der Lieblingssänger von Sebastian. Eine Soulballade braucht aber Bläser – das war die einhellige Meinung in Bochum. Und so kam Opal auf die Idee, Micha Acher von The Notwist den Song zu schicken. Der hat ihn für gut befunden und dann seinen Bläserpart dazu beigesteuert.
Der Song „Astronaut“ schlägt ebenfalls in dieselbe Kerbe wie „Vollidiot“. Der Song sollte so eine Art Hippie-Charakter bekommen, mit Orgel und ganz dezentem Schlagzeug. „O.L.A.F. hat mich gezwungen die Drums leise zu spielen. Das war eine ziemliche Herausforderung für mich,“ so Sascha.
„Wenn der Regen“ bietet auch eine Neuerung: Sascha hatte im Radio den Hit „Young Folks“ von Peter, Björn and John gehört und sich von dessen Schlagzeuganfang inspirieren lassen. Sebastian steuerte auch noch was bei und so haben die Brüder zum ersten Mal einen Madsen-Song zusammen geschrieben.
„Frieden im Krieg“ ist also wieder härter und extremer, aber auch moderner, mit neuem Produzenten und neuer Arbeitsweise haben Madsen den Mut bewiesen und bestanden. Das dritte, ach so schwierige dritte Album... und gleichzeitig das beste Album von Madsen. Bis jetzt.
VÖ am 07.März 2008.
Madsen sind:
Sebastian Madsen (Gesang, Gitarre)
Johannes Madsen (Gitarre)
Sascha Madsen (Drums)
Niko Mauer (Bass)
Folkert Jahnke (Keyboards)
Madsen „Kein Weg zu weit“-Tour:
08.04.2008 A - Graz, PPC
09.04.2008 A - Wien, Arena
11.04.2008 Magdeburg, Factory
12.04.2008 Dresden, Strasse E
14.04.2008 Hamburg, Übel und Gefährlich
15.04.2008 Bochum, Zeche
16.04.2008 Köln, Live Music Hall
18.04.2008 München, Kleine Elserhalle
19.04.2008 Heidelberg, Halle 02
20.04.2008 Berlin, Postbahnhof