Konzertarchiv
Manic Street Preachers
Britpop -pur?
Manie Street Preachers im LKA
Beim oberflächlichen Zuhören ist die Sache klar: die Manie Street Preachers zelebrieren die britische Spielart des Pop - und das in beachtlicher Perfektion. Beim Gastspiel der Band im nahezu ausverkauften Wangener LKA knüpft der Gastkeyboarder den voluminösen Klangteppich, auf dem der Gitarrist James Dean Bradfield das ganze Spektrum seines Instruments ausbreiten kann: von harschen, schrillen Attacken über eingängige Riffs bis zu betörenden Melodielinien, die er auch als Sänger aufgreift und weiterentwickelt. Geradezu hymnisch kommen - trotz einer leichten Grippe des Hauptakteurs viele der Songs der Manie Street Preachers daher, wobei der Bassist Nicky Wire und der Schlagzeuger Scan Moore mit ihrer trockenen Rhythmusarbeit dafür sorgen, daß die Songs nie ihre Bodenhaftung verlieren.
Einige Popperlen haben die Waliser Musiker schon zustande gebracht - und das, obwohl sie seit 1995 ohne ihren damaligen Kopf, den Autor und Gitarristen Richey James Edwards, auskommen müssen, der am Vorabend einer Amerikatournee aus einem Londoner Hotelzimmer verschwand und seither nicht wieder gesehen worden ist. Dieses mysteriöse Ereignis beschäftigt die Musiker noch heute, und so wirkt die oft glänzende Klangfassade oft nur wie ein Schutzschild, hinter dem sich die nachdenklichen Texte verbergen können.
Im Konzert treiben Bradfield, Wire und Moore das Spiel noch etwas weiter. Zu „Everything must go" erscheinen auf der Videowand im Bühnenhintergrund Reflexionen von R. S. Thomas. Auch sonst nutzen die Manie Street Preachers die optische Ebene nicht nur, um den Fans die gewohnten Videoclipbilder zur Musik zu liefern, wobei auch diese überaus symbolträchtig daherkommen: Bröckelnde Sandberge und die sachte Brandung des Meeres etwa stehen für die Vergeblichkeit des eigenen Handelns. Und Zitate von Francis Bacon oder ein Satz wie „Ein Haus ist eine Maschine, in der man wohnen kann" oder Anarchistisches wie „Wenn die Freiheit da ist, wird es keinen Staat mehr geben" sorgen dafür, daß man sich nicht gedankenlos dem Schwelgen im Wohlklang hingeben kann. Ohne Zugabe verlassen die Manie Street Preachers die Bühne. hol stuttgarter zeitung 17.03.1999