Konzertarchiv
Mo 20.03.2006 | 20:00 Uhr
STAIND
siehe unter Veranstalter
Podium
Aufgeschäumte Wut
Das Konzert der amerikanischen Band Staind
Sie sind mit ihrer aktuellen CD ¸¸Chapter V" nun schon im fünften Kapitel ihres musikalischen Tuns gelandet, das dem Selbstmitleid in einer trostlosen Realität den Rahmen zu geben scheint: schwierige Kindheit und schwerer Weltschmerz, ein Aufbegehren und ein Resignieren, ein Drang zur Flucht und ein ständiges Untergehen in der Wirklichkeit der amerikanischen Vorstadt, im gerade noch gebändigten Wahnsinn der Erst-, Zweit- und Feierabendjobs und der Fastfood-Restaurants. All you can eat.
Alles in sich hineinfressen und es dann wiedergeben. Das mag das Grundgefühl der Band Staind und ihres Sängers Aaron Lewis ausmachen. Reich sind sie geworden damit. Hits haben sie gehabt damit, den vielen in der Masse ihr Dasein zu verkaufen, es in wohlfeile Schüttelverse und Donnerrefrains zu verpacken. Auf der Welle des Nu Metal sind diese vier Herren nach oben gekommen, damals zur Jahrhundertwende. Mittlerweile sind sie altgediente Recken des Rock, und die Nu-Metal-Welle ist längst abgeebt. Was bleibt, ist ein Weiterarbeiten, ein Wühlen im düster-schwerfälligen Stückwerk mittleren Tempos. ¸¸Falling", ¸¸Run away" oder ¸¸Cross to bear": schon die Titel sagen alles.
Im LKA donnern die ersten Stücke am Montagabend metallisch dahin, der Gitarrist gibt den mähnenumwehten Dauerkopfschüttler, der Bassist fräst mutige Tieftonschneisen in wuchtige Schlagzeugbeats, und der Sänger spielt dazu sein Phlegma aus, gibt den deprimierten Blähhals, den glatzköpfigen Schmerzensmann, den Geisterfahrer zerquälter Gefühle. Doch alles wird besser, wenn auch nicht gut. Das Rasen beruhigt sich mit der Zeit etwas, es schälen sich nun mehr klare Refrains heraus, und schließlich kommt es zur Aufführung von Hits wie ¸¸It"s been a While". Schon eine Weile her, dass die vier unzufriedene Vorstadt-Slacker waren. Jetzt spielen sie es nur noch, und es ist ihnen anzumerken: in aufgeschäumter Zeit, in gequirlter Wut. ub
BAUERU
© 2006 Stuttgarter Zeitung